Freitag, 18. November 2016

Die Sparschiene

Breaking News:
Weil einige Menschen uns drohten sich an der Behauptung, es hätte die Sparschiene um 7€ gegeben, aufzuhängen, wird aufdenschirm.rocks aus humanitären Gründen diese Behauptung revidieren und auf 9€ anheben!
Draufgezahlt, aber meine Güte, wer wird schon so kleinkariert sein?

Sparen tut die ÖBB bekanntlich besonders gern. Am liebsten bei den Angestellten und beim Service. Im Leben gibt es nichts umsonst und nicht umsonst hat die ÖBB seit der Aufstellung der Ticketautomaten vor einigen Jahren gehörig Personal an den Schaltern eingespart. Auch die traditionellen Schaffner haben sie in diesem Zuge abgeschafft. Genauer gesagt in den regionalen.
Allerdings wiederum ein tolle Chance für passionierte Schwarzfahrer! Man muss ja nicht immer alles schwarz sehen.
Jeder kann also vom Stellenabbau bei einem staatlich subventioniertem Transportunternehmen halten, was er will. Was mich dann aber doch etwas stört, ist, was die ÖBB innerhalb des letzten Jahres mit der "Sparschiene" angestellt hat.
Dies war ein Tarif, den die ÖBB mehrere Jahre lang angeboten hatte. Es war damit möglich -solange man 3 Tage in Voraus buchte- für lediglich 9€ jede Strecke innerhalb Österreichs unabhängig von Dauer und Distanz zu fahren. Natürlich gab es für jeden Zug ein maximales Kontingent an Sparschienenticketplätzen.
Dennoch war das ein richtig geiles Angebot, welches die Leute auch mal dazu motivierte bspw. die Hauptstadt oder auch andere schöne Städte Österreichs zu besuchen. Ebenso super für Menschen mit wenig Geld, wie Jugendliche, in Ausbildung Befindliche, Senioren oder Arbeitslose.
Im September dieses Jahres ist mir dann jedenfalls das erste mal aufgefallen, dass es jenen Tarif in dieser Form gar nicht mehr gibt.
Ich war gerade dabei wieder mal per Sparschiene von Bregenz nach Innsbruck zu buchen, als mir auffiel, dass das gleiche Ticket, welches im April noch 9€ gekostet hat, nun 23€ kostete. Ich habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr weiter nachgeforscht, da ich BlaBla- Car, eine Fahrgemeinschafts- App, nutze.
Um 10 Euro konnte ich mit Moritz, einem freundlichen deutschen Studenten, nach Innsbruck mitfahren. Eine sehr nützliche App, kann ich nur weiterempfehlen!
Als ich dann allerdings einen Monat später vorhatte nach Wien zu reisen, wurde das Thema Sparschiene wieder interessanter, weil wesentlich billiger. Ich besuchte erneut die Sparschiene- Fahrplanauskunfts- Webseite und suchte Verbindungen von Bregenz nach Wien. Sogleich bekam ich einige vorgeschlagen.
Unter Anderem ein Ticket, das lediglich 8,90€ kostete. Hammermäßig, dachte ich, dann gibt es die Sparschiene ja doch noch. Hätte den Braten wohl da schon riechen müssen.
Ich buchte und bezahlte per E-Banking ohne groß nachzulesen. Ich war etwas verkatert an diesem Tag und wohl unkonzentriert. Um so fokussierter wurde ich jedoch als mich die Dame am Schalter bei der Ticketabholung fragte, ob mir schon klar wäre, das mein gebuchtes Ticket nur für eine Teilstrecke gelte, nämlich bis Feldkirch.
Ich war zunächst befremdet und wollte dann wissen warum für eine Streckensuche Bregenz-Wien bei ihrer Fahrplanauskunft ein Ticket nach Feldkirch aufscheinen würde.
Sie wich der Frage geschickt aus, indem sie darauf hinwies, dass dies doch groß daneben stünde.
Sie hatte da schon einen Punkt, aber dennoch schienen meine Worte kein Gehör zu finden. Außerdem ließ sich über ihre Definition von groß in meinen Augen auch noch streiten. Vielleicht wurde sie von ihrem Mann öfters gebeten zu beurteilen wie groß manche Dinge sind und deswegen sagte sie von Haus aus immer: "Ja das ist wirklich groß! Wenn ich es doch sage!"
Mein Interesse war jedenfalls geweckt und so stellten sich mir nun einige weitere Fragen.
Zunächst wunderte ich mich generell wie lange es bereits das 9€- Angebot nicht mehr gäbe. Verblüfft starrte sie mich an und fast hätte ich es ihr abgekauft, als sie sagte:
Ein solches Angebot hat es nie gegeben!“
Nun war ich an der Reihe verblüfft zu starren.
Aha, bin ich in dem Fall in den letzten Jahren stets in einem Paralleluniversum Zug gefahren?“
Sie lachte, zumindest hatte sie ihren Spass während sie Schabernack mit mir trieb.
Ich fragte sie, wie lange sie bereits bei der Bundesbahn arbeitete.
Sie sagte 27 Jahre. Eine beachtliche Zeit.
Eine zu lange Zeit, um nicht bestens über sämtliche Angebote Bescheid zu wissen.
Eine so lange Zeit, dass sie garantiert auch für ihr Unternehmen lügen würde – ein logischer Schluss.
Sie wurde langsam ungeduldig.
Wollen sie nun das Ticket?“
Jetzt war es an mir zu lachen.
Was soll ich denn mit dem Ticket anfangen? Ich will nach Wien, nicht nach Feldkirch. Alles was sie anscheinend für mich tun können ist das Ticket wieder zu stornieren, wenn sie so freundlich wären.“
"Das geht nur von zu Hause!"
Ich hörte auf zu lachen, drehte mich um und ging fluchend davon. Vorbei an einer Dame, die hinter mir in der Schlange gewartet hatte.
"Des kenn i o, des isch an brutaler Scheiß!", sagte sie mir mitfühlend.
Ich sah sie an, nickte ihr beim passieren anerkennend zu, ging aus der Bahnhofshalle und rauchte 3 Zigaretten. Zug für Zug, auch wenn Rauchen tödlich ist, so ist es doch beruhigender als jede Reise mit der ÖBB.
Kaum zu Hause angekommen saß ich mich direkt vor den Laptop und googelte 3 Begriffe:
Sparschiene. Ticket. stornieren.
Nun kommt der genaue Wortlaut in Punkto Storno auf der Website - lasst es euch auf der Zunge zergehen:
"Innerhalb von 3 Minuten nach Bezahlung kann der Kauf unabhängig von Zahlungsart und gewähltem Ticket EINFACH rückgängig gemacht werden, sofern Sie die Buchung noch nicht als PDF- Ticket erhalten haben. Das gilt auch für Sparschiene Tickets"
An einer Fußnote noch Folgendes:
"Ab dem ersten Geltungstag ist keine Stornierung mehr möglich"
Es sei nun dahingestellt welche Bedeutung der "erste Geltungstag" haben sollte oder inwiefern dies noch relevant wäre, wenn man sowieso nur 3 Minuten lang die Möglichkeit hat sein Ticket zu stornieren.
Ich kann euch sagen, ich war knapp davor mich einfach in den nächsten Zug nach Wien zu sitzen, mich als Flüchtling auszugeben und den Bundesbahnblues zu singen! Flüchtlinge dürfen nämlich gratis Zug fahren und das ist auch gut so, denn bei der unverhohlenen Ignoranz seitens der FPÖBB würden die auf der Stelle all ihren Integrationswillen verlieren.
Bleibt nur zu hoffen, dass wir Fahrgäste irgendwann unsere Unabhängigkeit gegenüber den Minutemen der ÖBB erklären können!

Hierzu verdränge ich noch einige andere Fragen:
Warum gibt es die Sparschiene in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr?
Warum ist es einem öffentlichen staatlichen Transportunternehmen nicht möglich eine funktionelle Webseite anzubieten?
Warum leugnet eine seit 27 Jahren bei der ÖBB Angestellte, dass es die 9€ Sparschiene je gegeben hat?
Warum ist es am Schalter nicht möglich Sparschienen- Tickets zu stornieren?
Warum ist der Kundenservice bei der Bundesbahn allgemein so beschissen?
Liegt das tatsächlich nur an der Pragmatisierung?
Und wann wird endlich das Beamen erfunden?



Chewie.

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