Donnerstag, 26. November 2020

Anzug und Schlips statt Guillotine...

...denn einen geköpften Kunden kann man schlecht rasieren! (Alte Immobilienbranchenweisheit)

Neues aus der Rubrik "Lokal":

 


Mal ein Wort zur RIVA Home GmbH, den Wohnrebellen, die mit ihren Stufenkauf-Modellen Ungerechtigkeiten vernichten.


Endlich „Schluss mit dem Preiswahnsinn“, verspricht der aggressive Schlipsträger, der selbstverständlich auf der Seite der Kleinkapitaleigentümer ist.
Riva ist sogar so sehr auf ihrer Seite, dass sie die Menschen von 20 bis mitte 30 für bis zu 41,5 Jahre ganz nah bei sich haben wollen. In einem Sack. Auf ihrem Rücken.

Denn dies ist das Zielpublikum und das Ziel der RIVA Home GmbH.
Sie wollen Stufenkäufer ansprechen, die maximal 35 Jahre alt sind und die mittel bis wenig Eigenkapital haben. Also quasi mittlerweile bald 90% der unter 35-Jährigen in der Bevölkerung.


Die mittelalten Staatsbürger wissen:
Der demographische Wandel findet statt, während die Politik reaktionslos zusieht - die Bevölkerung wird immer älter und Pensionen schrumpfen. Wer will da schon ewig in fremde Taschen zahlen und in der Rente in eine WG ziehen müssen?
So scheint Riva konkurrierende Makler und andere Bauherren zynischerweise in Anlehnung an genossenschafsorientierte, sozial gerechte Wohnmodelle ausbooten zu wollen.


Aber kommen wir zu einem speziellen Fall, der diese Schlussfolgerungen nahe legt - Ein Bekannter hatte nämlich etwas mehr mit diesen Rebellen zu tun, als ihm lieb war.


Dieser erhielt, nachdem er sich einige Male mit den Verantwortlichen getroffen und Wohnungen besichtigt hatte, per Mail eine Zusage und war sehr erfreut. Im Vorfeld wurde ihm und seiner Lebensgefährtin versprochen, dass sie beim Stufenkauf eine Zeit lang einen monatlichen Unkostenbeitrag zu bezahlen hätten, der aus Miete, Betriebskosten und einem Tilgungsanteil/„Bausparanteil“ besteht - Miete ca. 60%; Betriebskosten ca. 10% und Tilgungsanteil ca. 30%.
Der Vertrag ist darauf ausgelegt, dass der Stufenkäufer am Tag 1 eine Kaufoption (momentan meist zwischen 15.000-25.000€) kauft, 11 1/2 Jahre zur Miete wohnt und im Anschluss die Option zieht - Der Kaufoptionspreis wird dabei wohlgemerkt nicht in den Gesamtpreis integriert.
Danach zahlt man nochmal 25-30 Jahre ab. Insgesamt eine Vertragslaufzeit von 36,5 - 41,5 Jahre. Ein netter, sehr langer Deal, bei dem es dem Käufer erlaubt wird gegen eine teure Kaufoption einen Großteil seiner Rechte abzutreten.
Mit den Mietkosten und dem Kredit kommt man also nach Ablauf der ganzen Fristen (sofern man dies überhaupt noch erlebt) auf knapp 550.000€ (für eine durchschnittliche 3 Zimmer Wohnung).
Die Wohnung selbst ist gute 300.000€ wert, nach 11,5 Jahren kann man die Wohnung dann für ca. 40.000€ weniger kaufen. Mit einem maßgeschneiderten Kredit der Raiffeisenbank, dem Partner der RIVA Home GmbH.

„Es ist doch so: Viele, die jetzt gerade 20.000, 30.000 oder 40.000€ haben können sich damit nichts oder vielleicht lediglich eine 2 Zimmer Wohnungs-Anzahlung leisten. Dann sparen sie nochmal 5-10 Jahre und haben nun eventuell 45.000-50.000€. Leider können sie sich nun -wenn überhaupt- immer noch nur eine 2 Zimmer Wohnung leisten, weil die Immopreise in den vergangenen Jahren so stark gestiegen sind, dass die Anzahlungen dafür gleich schnell oder auch schneller steigen als das Ersparte.“

Das Argument bekam der Bekannte im Vorfeld zu hören. Klar, das ist ein klingendes Argument und gleichzeitig übt es Druck aus auf den potentiellen Stufenkäufer - genial. Zusätzlich stellt es den Bauträger als eine Art Robin Hood dar - Endlich unternimmt jemand etwas gegen die gestörten Immobilienpreise!
Leider ist das Argument aber auch der Grund warum man sich quasi völlig entrechten und anlügen lassen muss.


Weiters kam Folgendes:

„Das ist wie Mieten mit einem integrierten Bausparvertrag“

...Nur dass man bei einem Bausparvertrag alles wieder rausbekommt, ohne bestimmte Konditionen zu erfüllen.


Denn sollte man von einem Kauf bei Riva absehen, bekommt man vom „Bausparvertrag“ garnichts mehr - weil vertraglich nicht geregelt. Und das obwohl im Vorfeld auf den Bausparanteil -beim Rücktritt vom Kauf- eine zu der Wertsteigerung der Immobilie korrelierende Mehrausschüttung in Aussicht gestellt wurde.
Selbiges gilt für die Kaufoption, wo laut Vertrag gnädigerweise -anstatt nichts- immerhin 50% der Kaufoption laut Vertrag zurückerstattet werden.
Den Löwenanteil des Risikos bei Schicksalschlägen oder Krisen (man sich unter Umständen die Miete nicht mehr leisten kann, wobei die Kaufoption bei Mietrückstand selbstredend verfällt) trägt also der Stufenkäufer - nennt sich „volle Flexibilität“.
Die Perspektivenlosigkeit mehrerer Generationen wird hier unverhohlen ins Verhandlungsgefecht geführt.
Friss oder stirb, aber sei ja dankbar!

Nun jedoch weiter im Riva-Wohlfühltext:
Der Bekannte war zunächst angenehm überrascht, als man ihm außerdem sagte, es fände 11,5 Jahre (also bis zum Kauf) keinerlei Indexerhöhung statt und die Miete bleibe exakt die selbe - vom Tag 1 bis zum letzten Tag der 11,5 Jahre.
Geil! Ohne Indexerhöhung? Irre, das war noch nie dagewesen.
Mein Bekannter hatte auch direkt im Anschluss zwei Mietwohnungen, die für ihn auch interessant waren, abgesagt, da diese nicht mit einer indexerhöhungsfreien Miete mithalten konnten.
Zur Veranschaulichung hier auch ein Screenshot der Homepage, die dies verspricht:



Um so überraschter war er, als er den Vertrag zum ersten mal las. Der Hauptmietzins war wertgesichert, d. h. es findet eine jährliche Indexerhöhung laut Statistik Austria Index 2010 statt.

Auf die Frage, warum der Vertrag nun doch eine Indexerhöhung vorsehe, sagte man ihm, es finde keine Indexerhöhung auf die Miete an sich statt, sondern auf etwas anderes.

Ähm? WTF???


An diesem Punkt hörte er auf nachzufragen, da es der jungen Riva-Angestellten sichtbar unangenehm war weiter zu lügen - er ist ja kein Unmensch.

Dennoch beschloss er unvoreingenommen zu bleiben. Klar hätte er anders vermutlich keine Chance jemals an Eigentum zu kommen, aber muss er sich deswegen unentwegt anlügen lassen? Hier geht es ja nicht um einen Milchshake oder einen Leberkäsesemmel.
Er war hin und her gerissen...
Vertraut er auf die mündlichen Absprachen? Vertraut er dem Bauherr und deren Bank?


Die Antwort fand sich dann auf der vorletzten Seite des Kaufoptionsvertrages:

 

„§ 6 Schriftzwang

6.1 Die Vertragsteile vereinbaren Schriftzwang gemäß § 884 ABGB. Alle Vereinbarungen, Ergänzungen oder allfällige Änderungen dieses Rechtsgeschäftes sind nur gültig, wenn sie schriftlich festgehalten und gegenseitig unterfertigt werden. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.“

Konsterniert sendete der potentielle Stufenkäufer eine Anfrage an Riva. Er wies auf die Versprechen aus dem Vorfeld von Riva Seite hin (Indexerhöhungsfrei, Kaufoptionsrückerstattung bzw. Tilgungsanteilrückerstattung bei vorzeitigem Auszug, etc.). Außerdem signalisierte er seine Unterstützung, indem er Riva auf den „Fehler“ mit der Indexerhöhung hinwies und hoffte, dass man ihm eventuell bei der Höhe der Rückerstattung der Kaufoption etwas entgegen kommen würde.
In Extremsituationen nur 50% des hart ersparten Geldes für die Kaufoption zurück zu bekommen fühlte sich wie Halsabschneiderei an.

1 Woche später hatte er immer noch nichts von Riva gehört, jedoch hatte er eine andere Reaktion auf sein Schreiben beobachtet und berichtete mir, dass sein E-Mail anscheinend doch nicht völlig wirkungslos verpuffte. Er schickte mir erneut einen Screenshot der Riva Homepage.

Das verblüffende daran: 

 


Die als indexerhöhungsfrei beworbene Miete war wie durch Zauberei verschwunden (nachdem sie vermutlich seit Gründung der Firma, 2012, auf der Homepage stand):



„Immerhin konnte ich ihnen eine kostenlose Rechtsberatung angedeihen lassen“,

scherzte mein Bekannter, der lieber lacht als weint.

Das Ende des Trauerspiels markierte eine letzte E-Mail des Bauträgers. Darin war zu lesen, dass sie sich für den Hinweis auf den Fehler bezüglich Indexerhöhung bedanken und dass dieser bereits korrigiert wurde - lol. 

Außerdem sei Riva -wie bereits ausführlich in Vorgesprächen verdeutlicht- kein gemeinnütziger Bauträger und alle Verträge für sämtliche Parteien unverhandelbar.

Heute ist mein Bekannter froh, dass dieser Kelch an ihm vorüber ging.

Wünschen wir also der RIVA GmbH zum Abschluss viel Erfolg für ihre faire Sache, eine so wenig gemeinnützige Wohnrebellion wie möglich und viel Spass beim Geld zähl...äh, Beenden des Preiswahnsinns!

Mit freundlichen Grüßen,

Chewie. 

#RIVAhome #RIVA #Feedback #Erfahrungen