Für
eine klare Linie braucht man zwei Punkte. Von mir aus auch zwei grüne.
Die grüne Partei Österreichs lässt tatsächich
schon jahrelang Inhalte schleifen und viele treue Wähler flüchten
mittlerweile vor den doppelmoralisch überlegen anmutenden
Zeigefingern. Umweltschutz rückte mehr und mehr in den Hintergrund
und so verabreichte man seinem Steckenpferd den goldenen Schuss. Und
das obwohl Umweltschutz immer noch das wichtigste Thema sein sollte,
denn sonst setzt sich kaum jemand dafür ein.
Natürlich liegt dies
nicht allein an der Partei, sondern auch am politischen Wandel der
Gesellschaft. Jahrelang missverstand man den Gros der Grünwähler,
von denen viele nur mangels an Alternativen ihr Kreuz machten. Man
nahm angesichts einer noch nie dagewesenen Stimmanzahl an, auf dem
richtigen Weg zu seien und ließ die Parteiführung samt engstem
Kreis nach Gutdünken gewähren. Besonderes in der Handhabung mit der
nun schon lange andauernden Flüchtlingskrise sehen sich viele
Grünwähler in ihren Ängsten nicht mehr ernst genommen.
Nun
ist die alternative Partei nach dem überraschenden Rücktritt der
langjährigen Obfrau dabei die Scherben aufzukehren. Ihr Grab hatte
sie sich bereits vor einem Monat geschaufelt - durch die
kompromisslose Hinrichtung ihrer Jugend.
Es
muss also ein neues Gesicht her. Oder noch besser: Zwei.
Nachdem
Kurz als Bedingung für die Övp-
Obmannschaft
eine eigene Liste verlangte, versucht mit den Grünen die nächste
Partei einen ungewöhnlichen Führungsstil - mittels Doppelspitze.
Warum
auch nicht? So lässt es sich gut widersprechen und die Medien werden
ihre helle Freude daran haben, Äußerungen der beiden konträr
darzustellen.
Im
Fußball war die Formation mit Doppelspitze in den 80ern und 90ern
ebenfalls sehr populär, obwohl sie heute etwas aus der Mode
gekommen ist. Mit dem Unparteiischen sprach ohnehin seit jeher nur
der Kapitän.
Mittlerweile
setzt man beim beliebtesten Sport der Welt aus strategischen Gründen
mehr auf Flügelspieler, um die gesamte Breite des Feldes zu nutzen.
Dies ist, vor allem seitdem viele Felder aufgrund
drainage-technischer Überlegungen in der Mitte leicht erhöht sind,
sehr wichtig. Ähnlich mutet mittlerweile die Polit-Landschaft an:
Verdrossene Wähler in der Mitte, purzeln einfach an den linken
oder rechten Rand und können leicht abfließen, sodass sich keine
Unmutspfützen bilden. Den Grünen scheint diese Technik nicht völlig
nachvollziehbar.
Felipe, eine ihrer neuen Obfrauen sieht die Mitte
des Spielfeldes gar 1 Meter rechts der linken Seitenlinie. So fällt
ihr nicht mal auf dass sie Flügelspielerin ist und hält sich für
einsame Spitze.
"Ich
will noch nicht über meine politischen Ziele sprechen. Ich brauche
zunächst etwas Zeit zur Neugestaltung und effektiveren internen
Arbeitsorganisation der Grünen. Nur soviel sei gesagt: Es gilt den
rechtspopulistischen Parteien Fpö, Spö, Neos, Bzö, Kpö, Övp
sowie der Reichsbürgerbewegung Steine in den Weg zu legen. Unsere
Doppelspitze ist definitiv mal was anderes und solche One-Man-Shows
sind sowieso nicht mehr zeitgemäß."
Die
Grünen haben offenbar zwar das Positionsspiel hinsichtlich vieler
Parteien etwas aus den Augen verloren, sich jedoch mit
Wiedereinführung der Doppelspitze als gewiefte Taktiker erwiesen.
Dies
belegt ein Interview Lunaceks, der zweiten grünen-Obfrau:
"Ich
wäre gerne in der Champions League geblieben, aber so ist auch
gut. In der Bundesliga kann man sich besser entspannen. Hier habe ich
kaum Restrisiko. Sollten alle Chancen vergeben sein und wir unter 10%
rutschen, kann ich immer noch der Felipe, dem Schiedsrichter oder der
Gras die Schuld geben. Hauptsache das Stadion ist halbwegs voll."
Risikomanagement
gelernt auf europäischer Ebene. Natürlich ist zu sagen, dass man
als gefühlter Europäer mittlerweile einen schweren Stand hat.
Vielleicht sollte man einen emotionsfreien, weniger verklärten Blick
auf die europäische Union werfen. Damit meine ich weder romantisch
noch radikal verklärt, sondern zeit- und realitätsnah. Tatsächlich
gibt es in dieser Union nämlich nicht nur Gewinner und eine Jury die
alles probiert. Auch wenn der Brexit nach Kurzschlusshandlung riecht.
Die
grünen ziehen jedenfalls gerade die Seitenauslinie neu nach und man
darf gespannt sein, ob wirklich alles rechts von ihnen rechts ist.
Lunacek
ist sich sicher: "Links der Mitte gibt es reichlich
Wählerpotential." Sollte dies stimmen, werden diese Horden wohl
kaum auf eine Fläche mit 1m Breite passen.
Ermittelte
Fragen:
Wo
genau liegt heute die Mitte?
Könnte
die Unsicherheit beim Definieren der Mitte tatsächlich von
Drainage-Techniken herrühren?
Ist
geteilte Verantwortung weniger Verantwortung?
Und
ist das Ganze tatsächlich mehr als die Summe seiner Teile?
Chewie.