Es
gibt bekanntlich einen Haufen Lokal-, Restaurant- oder
Touristenführer. Nachtclubführer hingegen eher weniger. Noch
weniger fürs ruhige Vorarlberg. Das ist auch eine verpasste Chance
für Clubbetreiber Feedback zu erhalten. Aus diesem Grund nahm sich
aufdenschirm.rocks die Zeit den Status Quo eines der
renommiertesten Clubs Vorarlbergs anzusehen: Dem Conrad Sohm.
Ein
ehemals grandioser Club, heute immerhin noch eine tolle Location.
Ironischerweise leidet er mittlerweile an einer Erkrankung, die im
Gastgewerbe oft ein Problem darstellt: er trinkt zu viel und gibt zu
selten einen aus.
Tatsächlich ist er sogar dabei zu ertrinken - an
seiner eigenen Raffgier. Eine besonders grausame Todesart.
Langsam,
quälend, zagend.
So
ist das mit Monopolstellungen...und dieser Nachtclub hat im größten
Ballungsraum Vorarlbergs definitiv eine solche inne. Sie lassen einen
verdursten, sind der Untergang des Stils - einem nicht unerheblichem
Wesenszug der Clubszene. Die Gäste fressen den dazugehörigen Besen.
Natürlich sprechen wir hier von einer relativ überschaubaren
kleineren Stadt namens Dornbirn und nicht von Berlin, aber ein
bisschen stolz waren die Ausgänger in Vorarlberg ja schon auf das
Conrad Sohm.
Warum sollten sie auch nicht? Semi-urbane Siedlungsgebiete haben ebenso ihren Stolz und nicht ausschließlich alle ziehen nur in ruhigere Regionen um Kinder zu kriegen.
Warum sollten sie auch nicht? Semi-urbane Siedlungsgebiete haben ebenso ihren Stolz und nicht ausschließlich alle ziehen nur in ruhigere Regionen um Kinder zu kriegen.
Aber
zurück zum Stil...
Oft
erkennt man Stil an Details:
Gibt
es Ohrenstöpsel? Gibt es genug Parkplätze? Ist das Personal
kompetent? Sind die Preise ein Kompromiss zwischen Abzocke und
Gönnung? Sorgt man sich um die Stimmung?
Solche
Dinge sind natürlich schwierig zu bewerkstelligen, mitunter mühsam
und für manche Betreiber vermutlich irrelevant. Vielleicht sogar
fürs Conrad Sohm, der goldenen Gans. Goldene Gänse laufen bekanntllich gern Gefahr geschlachtet zu werden.
Was die Besucher davon halten ist Nebensache, die müssen ja sowieso her kommen. Wir sind der Prachtclub ihr Bauern!
Was die Besucher davon halten ist Nebensache, die müssen ja sowieso her kommen. Wir sind der Prachtclub ihr Bauern!
Zwischendurch wundern sich dann die Betreiber doch mal warum nicht mehr ganz so viele nach Ladenschluss der Stadlokale ins Sohm hinaufschauen. Diese kurze Phase der Selbstreflektion wird dann aber schnell durch Nostalgie verklärt. So fragt man sich wo die guten alten Zeiten hin
sind, als man dann noch auf ein Bier hergekommen ist. Dabei vergisst
man gern, dass es in der guten alten Zeit ab 2 Uhr bereits keinen
Eintritt mehr kostete.
Aber
ja, natürlich ist das eine berechtigte Frage und früher war ja
immer alles besser. Besonders für Nachtclub-Betreiber.
Nachtclub-Besucher
stellen sich hingegen andere Fragen:
Was
waren das für Zeiten, als noch internationale Hochkaräter im Conrad
Sohm auftraten? Als der Club jedes Wochenende zwei Tage aus den
Nähten platzte? Als der Eintritt der Qualität des Gebotenen
entsprach?
Heute
kostet selbst MC Shuffle 15€ Eintritt.
Es
muss wohl stimmen, wenn die 20-Jährigen Mittelfinger in die Höhe
reißen und "15€? Fickt euch mann!" rufen. "Kann man
sich gerade so 1x im Monat leisten!" (Zitat einer random-
Besucherin, um die 20 Jahre alt)
Und
das von einer Person die schätzativ erst seit 2 Jahren
rein darf, inoffiziell vermutlich seit 4 oder 5 Jahren rein geht. So
lange ist das Sohm nun etwa in der Hand seines neuen Pächters:
Hannes Haben, einer sympathischen Registrierkasse mit Sinn für Humor.
Warum
sonst sollte es wie unlängst eine Modeschau vor ort geben, die mit
den Worten "Die Reichen haben euch vergessen"
einführt?
Bei absurd hohem Eintritt stolzierten Models in maßgeschneidertem Zwirn um Mülltonnen. Sollte wohl eine Kritik an der Konsumgesellschaft darstellen. :D
Bei absurd hohem Eintritt stolzierten Models in maßgeschneidertem Zwirn um Mülltonnen. Sollte wohl eine Kritik an der Konsumgesellschaft darstellen. :D
Die Modeschau wurde vorher -wie uns eines der Models verriet- nicht ein einziges Mal geprobt, was wenigstens ein bisschen Unterhalthungswert generierte. Und immerhin waren alle Models tatoowiert.
Vor
gar nicht allzu langer Zeit bot der Laden tatsächlich Sub- und Clubkultur,
heute jedoch nur mehr Konsum- und Körperkultur.
So fügte sich ein passendes Bild eines mittlerweile klassischen Abends im Prachtclub:
So fügte sich ein passendes Bild eines mittlerweile klassischen Abends im Prachtclub:
Übertrieben
viel Eintritt, ein Parodieprogramm, das sich als Botschaft tarnt und
eine Menge Leute, die Herrn Haben in den Hintern kriechen, damit sie
ihre Autos nächstes Mal auf den VIP-Parkplätzen abstellen dürfen.
Wobei eigentlich einzig und allein solche Events dort hinein gehören.
An
dieser Stelle noch eine kleine Anekdote, um der Rezension noch mehr
persönlichen Touch zu verleihen:
Als
unser Aufdenschirm-Redakteur selbst einmal einem vorbeifahrenden Auto
auf Nachfrage das Sperrgitter zum Promi-Parkplatz auf die Seite
stellte, kam ein verwunderter Security auf ihn zu und fragte, was ihn
zu der Annahme veranlasse, er könnte die Sperre aus Eigeninitiative
zur Seite stellen. Unser Redakteur antwortete daraufhin
wahrheitsgemäß, dass
der Fahrer des nach hinten gefahrenen Wagens ihm mitgeteilt habe, er wäre ein enger Freund des
Clubbetreibers und dürfe das. Einige Sekunden waren die Gesichtszüge des
Wachhundes eingefroren. Er wägte ab ob er der Sache mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Doch kurz darauf schüttelte der Aufpasser
resignierend den Kopf - „Ach macht doch was ihr wollt, bei der
Freunderlwirtschaft mittlerweile kenn ich mich nicht mehr aus“ und
ging von Dannen. Später solidarisierte sich unser Redakteur noch mit
dem sichtlich aufgebrachten Mann und spendierte ihm zur
Frustbewältigung eine Zigarette.
Tatsächlich
macht die Befremdung, die dieses elitebewusste Businessmodell
auslöst, ebenso wenig vor der Belegschaft wie vor vielen der Besuchern halt.
Ob
man eine Monopolstellung als der einst beste Club Vorarlbergs noch
lange so ausnützen kann ist also die Frage. Wir sind
jedenfalls gespannt ob dies von Dauer ist und wie spät es wird. Nur
eines scheint sicher: Egal welche Uhrzeit, Eintritt kostet es
vermutlich immer.
Chewie.